AniMUC 2013 – Teil 1
Vom 19. bis 21. April fand im Veranstaltungsforum in Fürstenfeldbruck bei München zum fünften Mal die Animuc statt. Dieses Jahr wurde die Convention, die zur Feier des Anlasses mehrere Ehrengäste aus Japan eingeladen hatte, zum ersten Mal an drei Tagen veranstaltet und stand unter dem Motto „Märchen“. Doch das Wetter an diesem Wochenende war leider alles andere als märchenhaft. Über Fürstenfeldbruck hingen fast das ganze Wochenende nicht enden wollende Regenwolken…
Um das Warten auf die kurzen regenfreien Zeiten sinnvoll zu überbrücken, gab es neben dem Händlerbereich natürlich auch wieder einen Gamesroom, in dem zuweilen Wettbewerbe ausgetragen wurden. Daneben fand im Stadtsaal ein umfangreiches Bühnenprogramm statt, während im Säulensaal einige Filmvorführungen und Wettbewerbe abgehalten wurden. Außerdem wurden in den insgesamt fünf Seminarräumen einige interessante Workshops angeboten, bei denen für jeden Geschmack etwas dabei gewesen sein dürfte. Gerade Cosplayer konnten hier nicht über mangelnde Abwechslung klagen und sich unter anderem im Corsagen Nähen, Make-Up oder Perücken Stylen üben, aber auch Ideen zum Einsatz von „Fake Boobs“ und dem Überziehen von Schuhen für ausgefallenere Kostüme sammeln. Für Waffen und Rüstungen, wie sich bei vielen Kostümen vonnöten sind, gab es ebenfalls einen eigenen Workshop. Und damit die in liebevoller Kleinarbeit entstandenen Werke auch in dauerhafter Erinnerung bleiben, hielt Wana je einen Workshop zu aufwändigen Cosplayshootings und den generellen Tricks der Cosplayfotografie ab. Dabei gab es nicht nur Hinweise zu Bildkomposition, Motivideen und Verhaltsregeln in Richtung der immer zahlreicher werdenden Fotografen, sondern auch Vorschläge zum Posing an die Cosplayer selbst. Die konnten sich auch im Workshop „Performance on Stage“ gleich für einen Auftritt auf der großen Bühne rüsten, z.B. anlässlich der DCM.
Die Besucher, die in Sachen Cosplay bereits fit waren oder nicht so viel mit dem Kostümieren am Hut hatten, fanden natürlich genug andere Beschäftigungsmöglichkeiten: So konnten beim Tanzkurs grundlegende Kenntnisse für den Maskenball am Samstag Abend aufgefrischt oder beim Workshop „Hare Hare Yukai“ der Kulttanz der Haruhi Suzumiya erlernt werden. Weitere Veranstaltungen mit Anime-Bezug waren „Schreiben mit dem Tarot“, ein Fansub-Workshop sowie Zeichenkurse für Anfänger, Hobby-Mangaka und diejenigen, die ihre Werke colorieren wollen. Auch die Herstellung handgemachter Kakao-Kärtchen wurde erklärt, zusätzlich gab es Panels zum Eurocosplay und dem World Cosplay Summit (WCS). Wer sich auch für Traditionelles begeistern kann und Dinge aus der japanischen Kultur abseits von Manga & Anime kennen lernen wollte, hatte bei einer Einführung in die japanische Sprache, Kursen zur „Amigurumi“-Häkelkunst, einer harmonischen Teezeremonie und dem Kyûdô-Workshop Gelegenheit dazu.
Der Säulensaal beherbergte auch noch einige interessante Veranstaltungen: Neben dem Animuc-Quiz und einem Wettbewerb in traditionell japanischem Cosplay, das keine Bühnenshow erfordert, ist hier vor allem die Versteigerung am Sonntag zu erwähnen. Dabei wurden von Besuchern angebotene Exponate nach dem Prinzip Bring & Buy, aber auch beliebte Produkte aus dem Händlerbereich an den Meistbietenden gebracht – letztere meist zugunsten eines guten Zwecks.
Kyûdô
Als Beispiel für die japanischen Bräuche, die man kennen lernen konnte, haben wir für euch das „Kyûdô“-Seminar von Frank Neurohr besucht. Darin konnte man von dem erfahrenen deutschen Schützen aus erster Hand die Besonderheiten dieser japanischen Bogenschieß-Kunst mit asymmetrischem Bogen erfahren, ihre Unterschiede zum westlichen Bogenschießen und auch die diversen Ausrichtungen, die in Japan noch weiter differenziert werden. So demonstrierte Neurohr eindrucksvoll diverse Schusstechniken mit besonderem Fokus auf die von ihm vertretene Schule des „Heki Ryu Insai Ha“, die auf Kampftechniken aus Kriegszeiten zurückgeht und sich deutlich von den heute üblicheren zeremoniellen Formen unterscheidet. Die im „Heki Ryu“ sehr bedeutsame Drehung des Handgelenks beim Schuss konnte nach dem interessanten Vortrag von allen Teilnehmern erst in Trockenübungen an Modellen geübt und schließlich unter sorgfältiger Anleitung auch am Bogen ausprobiert werden.
Panel mit Yûji Nunokawa
Am frühen Samstag-Nachmittag hielt Yûji Nunokawa vom Studio Pierrot, einer der japanischen Ehrengäste, sein eigenes Panel ab und begrüßte die versammelten Fans – Cosplayer „seiner“ Serien waren leider etwas unterrepräsentiert – mit einem stimmungsvollen Video. Dieses bestand aus einem chronologischen Zusammenschnitt der unzähligen Werke, die Nunokawas Animationsstudio im Lauf von über 30 Jahren hervorgebracht hat. Von „Nils Holgerson“, der 1980 das Licht der japanischen Zeichentrickwelt erblickte über die vor allem in Deutschland populären „Kickers“ bis hin zu modernen Rennern wie „Bleach“ oder „Naruto Shippûden“ gab es dabei jede Menge Déjà-vus. Auch viele andere Serien des Studios wie „Urusei Yatsura“ nach einer Vorlage von Rumiko Takahashi, „Fushigi Yuugi“, „Power Stone“, „Great Teacher Onizuka“, „Tôkyô Mew Mew“, „E’s Otherwise“, „Emma“ oder „Blue Dragon“ sind hierzulande ein Begriff. Trotzdem: Ein großer Teil der Produktion Pierrots, darunter viele Kinderserien, hat es natürlich nie nach Deutschland geschafft, sodass man hier auch viel Neues zu sehen bekam.
Nunokawa selbst erklärte eingangs am Beispiel „Biene Maya“, deren Trickfilmabenteuer ja ebenfalls aus Japan kommen, wie faszinierend es sei, wenn Werke beispielsweise in Europa noch viel höhere Wellen schlagen als in ihrem eigentlichen Ursprungsland.
Einen Einblick in die Entstehung einer Anime-Folge gewährte Nunokawa anschließend mit einem ausführlichen englischsprachigen Making Of, das anlässlich der Produktion des ersten Naruto-Kinofilms die Abläufe im Studio Pierrot zeigt – vom Skript über das Screenplay, die Storyboards, die verschiedenen Phasen der Animation und Colorierung, die handgemalten Hintergründe und besondere dreidimensionale Effekte bis hin zur Zusammenführung der Elemente. Natürlich sei das heute, neun Jahre später, alles wesentlich digitalisierter, betont der Meister, doch gerade im Anime-Bereich gebe es immer noch viel Handarbeit. Auch wie die Entscheidung zustande kommt, ob aus einer wöchentlichen Reihe in einem Manga-Magazin eine Anime-Serie wird und wie eine Produktion ihren Anfang nimmt, wurde näher erläutert. In diesem Zusammenhang gab es auch gleich eine ganze Reihe Naruto-Charakterdesign-Entwürfe zu sehen – und den Hinweis, dass nur durch die parallele Arbeit von sechs bis sieben Animationsteams jede Woche eine neue Episode über die Bildschirme Japans flimmern kann. Überhaupt sei er angesichts dieses Pensums wohl fast der einzige in der Firma, der für eine Reise wie die zur Animuc von der Arbeit weg könne, fügte Nunokawa hinzu.
Als Abschluss der Präsentation bekamen Naruto-Fans den Kino-Werdegang ihres Helden zuletzt in Form einer geballten Dosis japanischer Trailer von den bisherigen Filmen vor Augen geführt – nur um zuletzt noch mit brandneuen, erstmals präsentierten Bilder zum sechsten Shippûden-Kinofilm „Naruto The Movie – ROAD TO NINJA“ belohnt zu werden. Dieser wird die japanischen Sommerferien versüßen und soll viel Action enthalten – denn es solle ja nicht langweilig werden und man sei bemüht sich immer neue spannende Dinge einfallen zu lassen.
Eine kleine Fragerunde letztlich stellte Nunokawa vor die Frage, wo er eigentlich die Alters-Zielgruppe von Anime wie „Bleach“ oder „Naruto“ sehe. Die seien prinzipiell natürlich für alle Altersgruppen, hieß es daraufhin, aber im Idealfall fange man natürlich in jungen Jahren an und habe dann auch später noch Spaß an den Abenteuern seiner Kindheitshelden. Im Gegenzug horchte Nunokawa dann ins Publikum, um herauszufinden, was die Beweggründe der etwas älteren Anwesenden seien, Anime zu schauen.
Und um den Fans den Abschied zu versüßen, gab es zum Schluss nicht nur eine Autogrammstunde mit dem Mann vom Studio Pierrot; er brachte auch noch einige aus Japan mitgebrachte Präsente unters Volk. Dazu musste man aber gegen Nunokawa-san im Jankenpoi, dem japanischen „Schere-Stein-Papier“ gewinnen – der ganze Raum trat gleichzeitig gegen ihn an und nur wer ihn schlug blieb jeweils im Rennen. So verteilte der Gast in mehreren Runden einige exklusive Naruto-T-Shirts und Promo-DVDs – nicht jedoch, ohne nach einigen turbulenten Runden amüsiert festzustellen, die Deutschen seien aber ziemlich schlecht im „Schere-Stein-Papier“! So endete letztlich, nach einigen weiteren atmosphärischen Szenen aus Naruto, ein kurzweiliges Panel mit dem Ehrengast aus Japan. Und bei all dem Reisestress und seinem Pensum wird ihm wohl keiner übel nehmen, dass er am Ende bei der Verabschiedung für einen kurzen Moment vergaß, wo er sich eigentlich gerade befindet – „Deutschland?!“ –, nur um sich für diesen Ausrutscher sogleich selbst zu ohrfeigen.
Unterdessen wandelten, wie das gesamte Wochenende über, trotz Regenwetter etliche Cosplayer mit sehr gelungenen Kostümen über das Con-Gelände. Eine kleine Auswahl findet ihr hier:
Pressekonferenz
Die japanischen Ehrengäste der Con waren bereits im Rahmen einer Pressekonferenz am Freitag Nachmittag erstmals vorgestellt worden und stellten sich den Fragen der – durch die kurzfristige Anberaumung leider nicht allzu zahlreichen – Anwesenden. Leider nicht zugegen war Reiko Tsuchiya, die seit über 20 Jahren professionell auf der Geige und der Erhu, einem speziellen chinesischen Streichinstrument, musiziert. Die bekannte Solokünstlerin, die auch mit J-POP-Größen zusammenarbeitet, war zu dieser Zeit noch durch einen Auftritt in Tôkyô gebunden und erreichte München erst denkbar knapp vor dem abendlichen Konzert am Samstag.
Bereits eingetroffen waren aber Yûji Nunokawa und Kunihiko Ryô. Nunokawa, seines Zeichens Anime-Produzent und Mitbegründer des renommierten Studio Pierrot, kann auf Frühwerke wie „Nils Holgerson“ zurückblicken und produziert mit seinem Studio heute Fanfavoriten wie „Bleach“ oder „Naruto“. Ryô indes ist nicht nur als Komponist von Anime-Soundtracks wie „Die zwölf Königreiche“ oder „Emma“ bekannt, sondern begeistert auch als Pianist die Massen – jüngst rund 70’000 Menschen bei der Amtseinführung der südkoreanischen Präsidentin Park. Zu den beiden gesellten sich der Schlagzeuger Wataru Yamada, der seit über 25 Jahren auf der Bühne seinen Progressive Rock zelebriert, und ein besonderer Special Guest aus der Mongolei, der mit seiner Pferdekopfgeige für Staunen sorgte – einem wenig bekannten Instrument, das einen festen Platz in der asiatischen Musik und auch in Anime-Musikstücken hat.
Zunächst richtete Nunokawa ein paar Grußworte an den Saal und freute sich über die vielen Cosplayer der Serien, die von seinem Studio inszeniert werden, allen voran „Bleach“ und „Naruto“. Für Komponist Ryô, mit dem er z.B. im Rahmen von „Emma“ oder „Die 12 Königreiche“ bereits zusammenarbeitete, war er voll des Lobes. So habe er auch den gemeinsamen Besuch auf der Connichi vor fünf Jahren noch in lebhafter Erinnerung und freue sich über den erneuten gemeinsamen Abstecher nach Deutschland – trotz der vielen Arbeit, die in Tôkyô bei der Vorbereitung neuer „Naruto“-Projekte auf ihn wartet. An Deutschland liege ihm auch deshalb sehr viel, weil seine frühen Werke wie „Nils Holgerson“ hier so enorm erfolgreich waren.
Ryô äußerte indes seine Begeisterung über die leidenschaftlich selbstgemachten Cosplays der deutschen Fans, die den vielfach „von der Stange“ gekauften Kostümen in Japan weit überlegen seien. Generell freue sich der Komponist, der im Rahmen seiner unzähligen Projekte die kreative Komponente von Animes besonders schätzt, immer über Gelegenheit mit Fans in Kontakt zu treten und gehe nicht zuletzt deshalb gern auf Reisen in alle Welt.
Als letzter im Bunde kam auch Drummer Wataru Yamada zu Wort, der sich anlässlich der Animuc zum ersten Mal in Deutschland aufhielt und sich hier als passionierter Fußball-Fan endlich dem FC Bayern München etwas näher fühlen könne. Auch der Veranstaltungsort der Animuc, Fürstenfeldbruck, hatte es ihm angetan, schließlich wirke hier trotz schlechten Wetters alles sehr romantisch. Nach der Vorstellung sahen sich die Japaner mit Fragen aus dem Plenum konfrontiert, die sich unter anderem mit ihrer Meinung zu Cosplay befassten.
Auf direktes Bitten hin wurde schließlich die Pferdekopfgeige aus ihrem Kasten befreit und dem staunenden Publikum präsentiert, das gleich noch ein paar Fakten zu seiner langen Geschichte mit auf den Weg bekam.
Nunokawa wurde indes auf mögliche Informationen zu einem neuen Projekt des noch nicht abgeschlossenen „12 Kingdoms“ angesprochen, ließ sich außer Lob für Ryôs Musik im Erstlingswerk zur jetzigen Zeit aber keine Informationen entlocken. Der gerühmte Musiker nahm die Frage und das fiktive asiatische Königreich, in dem die Reihe spielt, dabei zum Anlass, die faszinierende Freiheit des Mediums Anime zu loben, sich nicht festlegen zu müssen und auch philosophische Nachrichten zu transportieren.