Mirai – Das Mädchen aus der Zukunft

Name: Mirai – Das Mädchen aus der Zukunft
Englischer Name: Mirai
Originaltitel: Mirai no Mirai
Herausgebracht: Japan: Kadokawa 2018
Deutschland: KAZÉ 2019
Autor: Mamoru Hosoda
Illustrator: Studio Chizu
Bände: Einzelband
Preis pro Band: Softcover: 9,90 €
Hardcover: 15,00 €

Story:
Die Stadt Isogo in Japan. Ein frisch verheiratetes Paar kauft ein kleines Haus mit einem kleinen Garten, in dem ein kleiner Baum wächst. Eines Tages beschließt die Frau aus heiterem Himmel, dass sie sich einen kleinen Hund zulegen. Sie nennen ihn Yukko und verwöhnen ihn wie ein eigenes Kind. Jahre später kommt ihr erstes Kind auf die Welt: ein Junge, den sie auf den Namen Kun taufen. Als Kun 4 Jahre alt ist, gebärt seine Mutter Yumi schließlich ein kleines Mädchen namens Mirai, was eine Menge Veränderungen nach sich zieht, die Kun überhaupt nicht in den Kram passen. Da nur der Vater von Zuhause aus arbeiten kann, muss er sich von nun an um die Kinder und den Haushalt kümmern, während die Mutter oft auf Geschäftsreisen ist, wodurch Kun sie viel weniger zu Gesicht bekommt. Und wenn sie dann mal Zuhause ist, kümmert sich die böse Hexe nur noch um Mirai, als ob sie Kun gar nicht mehr lieben würde. Er will nicht ihr Bruder sein, denn er kann diesen Säugling einfach nicht leiden! Kurzerhand ärgert er das Baby, das natürlich prompt zu weinen anfängt, woraufhin er gehörigen Ärger von Yumi bekommt. Wütend und traurig läuft der Junge in den Garten, doch plötzlich sieht alles ganz anders aus und vor ihm steht ein Mann, der ihm Eifersucht unterstellt. Bald wird Kun klar, dass es sich bei ihm um seinen Dackel Yukko handelt, der ihm erzählt, dass auch ihm einst die Liebe entzogen wurde – nämlich als Kun geboren wurde! Seither gibt es für das arme Tier nur noch Sonderangebote zu fressen und die ihm entgegengebrachte Zuwendung hat auch schwer nachgelassen. Daraufhin erzählt Kun seinem Vater, dass Yukko leckereres Futter möchte und der Dackel bekommt endlich mal wieder sein Leibgericht.

Das Puppenfest steht an und einer Legende zufolge verzögert sich die Hochzeit der Töchter für jeden Tag, den die Puppen nach dem Feiertag länger stehen bleiben, um ein ganzes Jahr nach hinten. Als der völlig überarbeitete Vater tatsächlich vergisst, die Puppen wieder wegzuräumen, taucht vor Kun augenblicklich eine Mittelschülerin auf, die vorgibt seine kleine Schwester Mirai aus der Zukunft zu sein! Auch Yukko sieht auf einmal wieder wie ein Mensch aus und zu dritt beschließen sie, die Puppen wegzuräumen, ohne vom Vater ertappt zu werden. Dafür muss Kun ihn ablenken, während Yukko und Mirai sich die Puppen schnappen, was natürlich einiges an Überzeugungsarbeit erfordert. Mirai spielt also so lange mit ihm das „Achtung, Biene“-Spiel, bis er doch noch einwilligt, den beiden zu helfen. Nach erfolgreich durchgeführter Mission fragt Mirai Kun, ob er sie wenigstens jetzt ein bisschen leiden kann, doch er schüttelt den Kopf, woraufhin Mirai beleidigt in ihre Zeit zurückkehrt. Schon bald schafft es auch Kun, in die Vergangenheit zu reisen und so Yumi als Kind kennenzulernen, die, zu seinem Erstaunen, noch viel rebellischer und frecher war als er jetzt. Als sich Kun schwer damit tut, Fahrrad fahren zu lernen, bringt ihm das frühere Ich seines Uropas das Reiten bei und macht mit ihm eine Spritztour auf dem Motorrad. Immer wieder verschlägt es Kun in andere Zeiten und an seltsame Orte und jedes Mal lernt er eine wichtige Lektion über Familie, den Wandel der Zeit und sogar über sich selbst.

Eigene Meinung:
„Mirai – Das Mädchen aus der Zukunft“ ist der Roman zum gleichnamigen Anime-Film und wurde von dessen Regisseur und Drehbuchautor Mamoru Hosoda verfasst. Er verarbeitet darin seine eigenen Erfahrungen damit, wie es für seinen Sohn gewesen sein muss, als dieser eine kleine Schwester bekam und plötzlich mit ihr um die Liebe der Eltern konkurrieren musste. Die Softcover-Variante ist leider sehr trist gehalten und beinhaltet keinerlei Schauwerte, weshalb ich euch bei Interesse eher zur Hardcover-Version raten würde, die Farbseiten mit Motiven aus dem Film beinhaltet. Der deutsche Titel ist ziemlich irreführend, da die Mirai aus der Zukunft in der gesamten Geschichte nur zwei kurze Auftritte hat und Kun viel stärker im Fokus der Handlung steht. Dementsprechend hatte ich von dieser Lektüre anhand des Titels und der Storybeschreibung des Verlags etwas ganz anderes erwartet. „Mirai no Mirai“ lässt sich auch mit „Die Zukunft der Zukunft“ übersetzen, was in meinen Augen ein passenderer Titel gewesen wäre, da Zukunft hier einmal metaphorisch für Kinder steht und somit auf die Zukunft der Kinder im Allgemeinen anspielt. So hat jede Generation der im Buch beschriebenen Familie ganz eigene Probleme, Sorgen und Wünsche – vom Uropa bis zur Urenkelin. Dabei werden selbst schlimme Kriegsszenarien aus dem 2. Weltkrieg beschrieben, weshalb dieses Buch für Kinder eher ungeeignet ist. Erschwerend hinzu kommt, dass Hosoda ganz gerne mal in den Nerd-Modus verfällt und über mehrere Seiten hinweg lang und breit verschiedene Züge beschreibt und welche Linie wohin fährt, was selbst für Erwachsene sehr ermüdend sein kann. Sicher, Kun kann sich für dieses Thema begeistern, aber das hätte man als Leser auch begriffen, wenn es einem in niedrigerer Frequenz unter die Nase gerieben worden wäre.

Der Aufbau der Story ist ziemlich wirr und man fragt sich bis zum letzten Kapitel, worauf der werte Herr Hosoda nun eigentlich hinauswill. Allerdings ist mir die Botschaft hinter dem Ganzen, die dann deutlich wird, doch sehr nahe gegangen und das rührende Ende macht einiges wieder wett, was der stellenweise belanglos wirkende Hauptteil in den Sand gesetzt hat. Übrigens hat Hosoda seinerzeit bei den ersten beiden „Digimon Adventure“-Filmen Regie geführt und an einigen Stellen im Buch hat er sogar möglicherweise Inspiration daraus gezogen. So haben mich Kuns Versuche, Fahrrad fahren zu lernen, daran erinnert, wie Tai es in der ersten Staffel seinem jüngeren Ich beibringt und der schwarze Zug in die Einsamkeit erinnert stark an das Trailmon, das Takuya kurzzeitig in die reale Welt zurückbringt. Wer sich den Film ansieht und danach das dringende Bedürfnis verspürt, mehr über jeden einzelnen darin gezeigten Shinkansen zu erfahren, ist hier goldrichtig. Generell rate ich euch, zuerst den Film anzusehen und den Roman nur zu kaufen, wenn euch der Anime begeistern konnte und ihr tiefer in die Materie eintauchen möchtet. 

© Ban_Mido

Mirai – Das Mädchen aus der Zukunft: © 2018 Mamoru Hosoda, Studio Chizu, Kadokawa / KAZÉ