Name: |
Dragon Head |
Englischer Name: |
– |
Originaltitel: |
Dragon Head |
Herausgebracht: |
Japan: Kodansha 1994
Deutschland: Planet Manga 2001 |
Mangaka: |
Minetaro Mochizuki |
Bände: |
10 Bände |
Preis pro Band: |
14,95 DM / 7,95 € (Band 1-6)
8,50 € (Band 7-10) |
Story
Der Mittelschüler Teru befindet sich auf dem Rückweg nach Tokyo von einem Ausflug mit seiner Klasse. Mit dem „Shinkansen“, dem schnellsten Zug Japans, sind sie schon fast wieder daheim, als plötzlich das Unfassbare geschieht. Der Zug verunglückt und ein Großteil der Schüler kommt ums Leben. Teru ist einer der wenigen Glücklichen, die relativ unverletzt das Unglück überleben, auch der verstörte Außenseiter Noburo und ein Mädchen namens Ako kommen mit dem Schrecken und ein paar Schrammen davon.
Auf der Suche nach Nahrung und Hilfe finden die drei ungleichen Persönlichkeiten zusammen und sind fortan auf sich gestellt. Im Speisewagen finden sie zwar Essen und Wasser, doch schnell wird den drei Kindern ihre Ausweglosigkeit bewusst- sie sind lebendig begraben. Der Zug, welcher sich zum Zeitpunkt des Unfalls in einem Tunnel befand ist vollkommen verschüttet, Handys funktionieren nicht mehr, ein Kontakt zur Außenwelt scheint unmöglich.
Teru versucht mit allen Mitteln Herr der Lage zu werden und nach einem Ausweg zu suchen, doch die Dunkelheit und Stille fordert von den drei Beteiligten ihr erstes Tribut. Panik, Angst und Aggressionen treiben besonders den willensschwachen Noburo zu Handlungen gegen den anderen und er wird mehr und mehr zu einer Bedrohung für Ako und Teru. Zudem müssen die Kinder feststellen, dass sich scheinbar niemand um den verunglückten Zug kümmert. Ihr Warten auf Rettung ist vergebens, und so beschließt Teru auf eigene Faust einen Weg nach draußen zu suchen. Begleitet von Ako machen sich die beiden auf den Weg, Noburo, der dabei ist vollkommen dem Wahnsinn zu verfallen, geht seiner eigenen Wege.
Nachdem sie mit einigen Mühen einen Weg aus dem Tunnel gefunden haben, stehen sie vor dem nächsten großen Schrecken und der Antwort auf die Frage, warum niemand zu Hilfe kam. Japan ist verwüstet, eine schwarze Wolke hat den Himmel bedeckt und taucht das Land in Dunkelheit. Ganze Städte fielen zum Opfer, es gibt weder Strom, noch Nahrung und die wenigen Überlebenden kämpfen selbst um ihre Existenz. Teru schlägt vor zu Fuß den Weg nach Tokyo zu gehen, um herausfinden, was passiert ist. Ako, die zunächst schon fast aufgeben will, schließt sich ihm letztendlich an und gemeinsam beginnen sie eine Reise durch ein karges, zerstörtes Japan, auf der Suche nach Hilfe, Überlebenden und vor allem nach der Antwort auf die eine Frage: Was ist passiert?
Ako und Teru gelangen auf ihrem Weg in eine zerstörte Stadt und treffen dort auf drei Fahnenflüchtige, unter ihnen auch der gewaltbereite Nimura. Die drei verweigern ihre Hilfe, doch haben großes Interesse an Ako, so dass es fast zum Kampf um das unschuldige Mädchen kommt. Nachdem einer der Männer gestorben ist, tun sie sich zusammen und setzen sie zu viert ihre Reise fort.
Sie gelangen in ein Dorf, wo Ako und Teru erstmalig Hilfe von einer Frau bekommen. Teru selbst ist auf dem Weg schwer erkrankt und obgleich die fremde Frau ihm helfen kann, verschlechtert sich sein Zustand. Nur Medikamente aus der nahe liegenden Stadt Izu können helfen und Ako entschließt sich, sich auf den Weg zu machen, um die notwendigen Medizin zu besorgen. Nimura begleitet sie, doch es wird ein Wettlauf gegen die Zeit, besonders da sich in Izu die überlebenden Menschen wie Wahnsinnige auf die beiden stürzen…
Doch das ist erst der Beginn ihrer Reise und ihrer Probleme. Immer wieder geraten Teru und Ako in lebensgefährliche Situationen, und besonders andere Menschen werden zu einer wirklichen Bedrohung für die Kinder. Getrieben vom Wunsch ihre Familie wieder zu sehen und ihrem Überlebenswillen reifen die beiden Persönlichkeiten mehr und mehr, verändern sich und entwickeln sich weiter. Teru steht hierbei im Mittelpunkt, der Leser erfährt das meiste Geschehen aus seiner Perspektive. Ako entwickelt sich, findet ihre eigene Stärke und ist sie am Anfang noch hysterisch und schwächlich, so wird sie zunehmend ruhiger und überlegter.
Doch die ewig währende Dunkelheit, die nagende Ungewissheit und die Bedrohungen seitens der anderen Überlebenden setzen den Charakteren zu, treiben sie an den Rand der Erschöpfung und lassen sie über sich hinaus wachsen. Und je näher Teru und Ako bei ihrer Wanderung der Antwort und der Wahrheit kommen, umso erschreckender und furchteinflössender ist diese…
Eigene Meinung
„Dragon Head“ ist ein mehr als außergewöhnlicher Manga. Minetaro Mochizuki gelingt es den Leser von der ersten bis zur letzten Sekunde zu fesseln. Der Manga ist hierbei keine leichte Lektüre und ist dementsprechend schwere Kost, da er vielmehr wie eine Abhandlung über das menschliche Verhalten und die psychischen Entwicklungen in Extremsituationen wirkt.
Er führt unterschiedliche Charaktere ein, vermittelt glaubhaft deren Entwicklungen und begeht mehr als einmal eine Gradwanderung, die selbst die Leser nicht kalt lässt. Mit Absicht scheint es, hat der Mangaka Personen eingeführt, dessen Handlungen voraussehbar sind, nur um dem Leser dann die geahnten schockierenden Ereignisse in düsteren und prägnanten Bildern zu präsentieren. Einige Charaktere sind undurchsichtig, nicht einschätzbar und dennoch logisch nachvollziehbar, so dass der Leser Studien verschiedenster Persönlichkeiten mitverfolgen kann. Der Manga besticht hierbei durch eine klare Geschichte und einen strukturierten Aufbau, eine konsequente Entwicklung der Charaktere und einen tiefen Einblick in die Psycho des Menschen.
„Dragon Head“ wirkt gerade deswegen teilweise wie das Werk eines Psychologen und ist für Freunde und Interessierte der Psychologie ein absoluter Pflichtkauf. Das Buch schildert und berichtet, lehrt und weist auf Fehler und Taten der menschlichen Spezies hin, die in keiner Weise schmeichelhaft sind, allerdings ohne erhobenen Zeigefinger. Man muss selbst für sich aus der Geschichte lernen, bekommt keine Antworten, sondern nur einen Denkanstoß und fühlt sich teilweise allein gelassen oder vielleicht überfordert.
Bei „Dragon Head“ muss man sich komplett in die Geschichte hineindenken, sie mitverfolgen und am Ende darüber philosophieren, spekulieren und vielleicht auch seine eigenen Schlüsse ziehen. Über neun Bände hin baut sich eine konstante Spannungskurve auf, nimmt den Leser mit auf die Reise in das unergründliche Wesen des Menschen und erst am Ende des zehnten Bandes kommt die Auflösung des Rätsels, die Antwort auf die Frage nach dem „Was“ und hinterlässt eine bitteren Nachgeschmack, dem man sich nicht entziehen kann. Teilweise enttäuscht das Ende, gerade weil man sich selbst zu viele Gedanken gemacht hat, doch vielleicht liegt gerade hier der Reiz. Es ist definitiv unerwartet und alles andere als abgeschlossen.
Ebenso geradlinig und tiefgründig wie die Story ist, so sind auch die Zeichnungen. Einzigartig, einprägsam und düster, mit einer sehr klaren Linienführung versehen, entspricht der Manga nicht wirklich dem Bild des typischen japanischen Comics. Die Charaktere sind eine Vereinfachung realistischer Gesichter und Personen, so dass die typischen schmalen Augen und breiten Gesichter vorhanden sind. Der Manga ist insgesamt eher düster gehalten, Rasterfolie wird nur dazu eingesetzt die Bilder unheimlich und finster wirken zu lassen, ansonsten beschränkt sich Minetaro Mochizuki auf einen klaren Tuschestil mit schwarz/weiß Flächen.
Wenngleich bereits vergriffen lege ich dieses Werk Jedem ans Herz, der wirklich ungewöhnliche und tiefgründige Manga lesen möchte und nach Geschichten sucht, die fernab des Mainstream liegen. Gerade Leute, die Psychologie, Horror und Action mögen, sollten unbedingt zugreifen, sobald sich die Gelegenheit ergibt. Die letzteren Punkte sind definitiv Neuinterpretationen der Genre.
© Koriko
Dragon Head: ©1993 Minetarô Mochizuki, Kôdansha / Planet Manga