Anyas Geist
Name: | Anyas Geist |
Englischer Name: | Anya’s Ghost |
Originaltitel: | Anya’s Ghost |
Herausgebracht: | USA: First Second 2011 Deutschland: Tokyopop 2014 |
Autor: | Vera Brosgol |
Bände: | Einzelband |
Preis pro Band: | 14,95 € |
Story
Das Leben der russisch-stämmigen Highschoolschülerin Anya Borzakovskaya läuft alles andere als perfekt. In der Schule setzt sie alles daran, sich anzupassen, um nicht negativ aufzufallen, sie selbst findet sich zu dick und folgt einer strengen Diät, und ihr Schwarm Sean geht mit der hübschen, schlanken Elizabeth. Zu allem Überfluss stürzt sie in einen versteckten Brunnen und stößt dort auf das Skelett, der vor 90 Jahren gestorbenen Emily Reilly, inklusive Geist. Und eben jener Geist hat keine Lust mehr auf ein ödes Leben im Brunnen und ist umso glücklicher, als sich ein kleiner Fingerknochen zu Anya verirrt, als sie gerettet wird, ist Emily doch an ihre Überreste gebunden.
Fortan wandelt sich Anyas Leben schlagartig – Emily spioniert für sie, verrät ihr die Antworten bei Schultests und lotet ihre Chancen bei Sean aus. Doch Anyas neue Freundin ist bei Weitem nicht das liebe Mädchen, das sie vorgibt zu sein und schon bald muss die Highschool Schülerin erkennen, dass sie sich mit Emily ein echtes Problem angelacht hat, das sie nicht so leicht wieder loswird …
Eigene Meinung:
Mit „Anyas Geist“ legt Tokyopop das interessante und vielversprechende Debüt der Nachwuchs-Zeichnerin Vera Brosgol vor, der zu Recht mit dem Eisner Award 2012 und dem Harvey Award 2012 ausgezeichnet wurde. Dass die Künstlerin hauptberuflich für das Animanationsstudio Laika Entertainment House (u.a. „Coraline“, „ParaNorman“) Storyboards und Konzeptzeichnungen entwickelt, merkt man als Kenner der Filme des Studios sofort, denn „Anyas Geist“ weist durchaus einige Parallelen zu „ParaNorman“ auf, auch wenn die Grundhandlung verschieden ist.
Die Grundgeschichte ist spannend und wird fesselnd herübergebracht. Zudem behält sich Vera Brosgol die ein oder andere unerwartete Wendung vor, gerade zum Ende hin, wenn alle Rätsel aufgelöst werden. Dass es einige Parallelen zwischen ihr und Anya gibt, lässt sich ebenfalls nicht von der Hand weisen, stammen doch beide aus Russland und sind im Alter von 5 Jahren mit ihren Familien nach Amerika ausgewandert.
Die Grundidee mit dem Geist kann ebenfalls überzeugen, insbesondere Emilys Denkweise und ihre Handlungen. Es macht Spaß die beiden Mädchen durch den Comic zu begleiten, auch wenn sich Anyas Probleme vorwiegend um die typischen Highschool Sorgen eines jungen Mädchens handeln (Figur, Aussehen, erster Schwarm, etc.). Erst im Laufe der Zeit verändert sich Anya und erkennt, dass es im Leben wichtigere Dinge gibt, als ihr Aussehen und wie hip sie in der Schule rüberkommt.
Die Charaktere stehen der Geschichte in nichts nach – Anya ist sehr sympathisch, wenngleich zu Beginn ein wenig oberflächlich. Glücklicherweise ändert sie sich im Laufe der Zeit, wird selbstständiger und erwachsener. Emily entwickelt sich bereits nach kurzer Zeit zu einer echten Plage, wobei mir ihre Veränderung fast ein wenig zu schnell vonstatten geht. Da der Comic aber auf 220 Seiten angelegt ist, ist es verständlich, dass Emilys Wandlung nicht ausführlicher beleuchtet werden konnte.
Auch die Nebenfiguren sind schön in Szene gesetzt – sei es Anyas kleiner Bruder Sasha, ihre beste Freundin Siobhan oder ihr Schwarm Sean. Sie bilden einen passenden Rahmen und zumindest Anyas Mitschüler repräsentieren die typischen amerikanischen Teenager, in all ihren unterschiedlichen Ausprägungen (vom arroganten Schwarm bis hin zum streberhaften Außenseiter).
Zeichnerisch wirkt „Anyas Geist“ zunächst ein wenig grob, was an den dicken Linien und der harten Strichführung liegt. Doch daran gewöhnt man sich schnell, da Vera Brosgol durchaus ihr Handwerk versteht und die unterschiedlichen Figuren und Charaktere glaubhaft in Szene setzt. Das gilt auch für die verschiedenen Emotionen, Gesichtszüge und dynamischen Bewegungen. Die einfachen Hintergründe passen ebenfalls gut zum Gesamtbild, auch an die monotone Farbwahl in graublau gewöhnt man sich, wenngleich er den Comic ein wenig blass und eintönig macht.
„Anyas Geist“ ist ein lohnenswerter, gut gemachter Comic, den Tokyopop als schönes, stabiles Hardcover auf den Markt gebracht hat und mit dem der Manga-Verlag endlich sein Comic-Programm ausbaut. Vera Brosgol legt ein schönes, atmosphärisches Debüt vor, das sowohl mit eine spannenden Handlung und liebenswerten, realistischen Charakteren punkten kann. Die Zeichnungen mögen gewöhnungsbedürftig sein, passen jedoch perfekt zum Gesamtbild und sind in sich stimmig und überzeugend.
Wer einen Blick über den Manga-Tellerrand wagen möchte, macht mit „Anyas Geist“ nichts verkehrt. Gerade wer Mystery und Geistergeschichten mag, sollte dem Comic von Vera Brosgol eine Chance geben. Zu empfehlen.
© Koriko
Anyas Geist: © 2011 Vera Brosgol, First Second / Tokyopop